Keynote speakers

Avec Prof. Dr. Marcus Emmerich, Dr. Sandra Hupka-Brunner, Prof. Dr. Stefan Müller et Prof. Dr. Greta Pelgrims, quatre intervenants de premier plan ont pu être recrutés pour le congrès. Dans leurs exposés, ils éclaireront de manière approfondie l'éducation dans un monde diversifié et complexe à partir des perspectives théoriques et pratiques les plus diverses.

Diversity und soziale Differenzierung: In welcher und für welche Gesellschaft erziehen wir eigentlich? 

Moderne Bildungssysteme reagieren nicht lediglich auf gegebene gesellschaftliche Bedingungen, sie nehmen auf Basis ihrer Strukturen und Operationen zugleich Einfluss auf diese. Das Wechselverhältnis zwischen Bildungsprozessen einerseits, sozialen Verhältnissen andererseits, stellt dabei nicht nur ein Reflexionsproblem für die praktische Gestaltung etwa von Schule und Unterricht, sondern ebenso für die Erziehungswissenschaft und ihre programmatischen Entwürfe dar. Die Adaption von Konzepten wie ‚Diversity‘ und ‚Intersektionalität‘ innerhalb der akademischen Pädagogik kann daher als Antwort auf zwei grundlegende Fragen verstanden werden können: In welcher und für welche Gesellschaft erziehen wir eigentlich? und: Wie sollten wir dies tun? 

Der Vortrag fragt danach, welches Bild von Gesellschaft und welche Personenkategorien Diversity- und Intersektionalitätsbeschreibungen entwerfen und in welchem Verhältnis dieses Gesellschafts- bzw. Personenbild zu den normativ-emanzipatorischen pädagogischen Programmatiken steht, die es legitimiert. Ausgehend von differenzierungs- und schließungstheoretisch orientierten Analysen zur Entstehung von Bildungsungleichheit werden anhand empirischer Beispiele nicht nur die intendierten, sondern auch nicht-intendierte Folgen der praktischen pädagogischen Bezugnahme auf Diversity-Kategorien beleuchtet.

Ausbildungs- und Erwerbsverläufe in der Schweiz – Spiegel einer komplexer werdenden Welt? 

Jugendliche am Ende der obligatorischen Schulzeit stehen vor einer bedeutsamen Weichenstellung: Etwa zwei Drittel der Jugendlichen entscheiden sich für eine berufliche Grundbildung, und damit für einen von rund 200 Lehrberufen. Ein Drittel wiederum schlägt einen akademischen Ausbildungsweg ein. Diese Lebensphase ist demnach durch eine Vielzahl komplexer Entscheidungen geprägt, in der individuelle Kompetenzen und Interessen verschiedenen Ausbildungsoptionen gegenübergestellt und mit ihnen in Einklang gebracht werden müssen. Auch die Bildungspolitik hat sich eine Sek. II-Abschlussquote von 95% zum Ziel gesetzt. Vor diesem Hintergrund sind die bildungspolitischen Bemühungen der letzten Jahrzehnte zu verstehen, die Ausbau der Durchlässigkeit des Bildungssystems ins Zentrum stellten.

Es stellt sich die Frage, ob dieses Ziel erreicht wurde: Haben sich die Ausbildungs- und Erwerbsverläufe von Jugendlichen verändert? Anhand der Daten der TREE-Studie wird die Entwicklung der Verläufe zweier Schulentlassungskohorten nachgezeichnet. Die erste TREE-Kohorte erreichte das Ende der obligatorischen Schule im Jahr 2000 und wurde seitdem zehn Mal nachbefragt. Die zweite Kohorte befand sich im Jahr 2016 am Ende ihrer Schulpflicht und sie wurde seitdem sieben Mal nachbefragt. Für beide Kohorten erweisen sich soziale Herkunft, Migrationshintergrund und Geschlecht, aber auch vorgelagerte Bildungsentscheidungen, als zentrale Einflussfaktoren. Diese Faktoren bedingen komplexe Übertritts- und Verlaufsmuster unterschiedlicher Gruppen.

Komplexität als Problem oder als Lösung? Strukturelle und normative Herausforderungen

Die Gestaltung von Bildungsprozessen ist von Spannungsfeldern gekennzeichnet, die die Schule und den Unterricht, aber auch die Lehramtsausbildung prägen und nachhaltig beschäftigen: Lernende sollen durch Lehrende befähigt werden, neue Möglichkeiten kennenzulernen, aber auch die bisherigen so zu befragen, dass sie die Komplexität wissenschaftlicher Zugänge und gesellschaftlicher Verhältnisse besser verstehen lernen. Gerade in den gesellschaftlich aktuell umstrittenen Themen wie Gender, Klimapolitik, Religion, Populismus, aber auch im Rassismus und im Antisemitismus rücken die didaktischen und bildungstheoretischen Herausforderungen von Komplexität prominent in den Blick, wenn Lernende nicht einfach als ‚Trivialmaschinen‘ (Luhmann) konzeptualisiert werden, denen das richtige Wissen eingepflanzt werden kann. Im Vortrag wird gezeigt, dass didaktische Antworten weder auf eine Vereinfachung noch auf pure Abbildung von gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Komplexität setzen können, sondern auf eine Übersetzung. So kann auf die Anerkennung der Eigenständigkeit von Lernenden mit reflexiven Modellen reagiert werden. Sowohl den didaktischen als auch den bildungstheoretischen Antwortmöglichkeiten werden damit Merkmale entnommen, die die dichotome Ausgangsfrage nach Problem oder Lösung ihrer Begrenzung überführt. Vor diesem Hintergrund werden strukturelle und normative Herausforderungen einer Übersetzung von Komplexität diskutiert, die die Mündigkeit der Lernenden unterstützen, vertiefen und ausbauen können. 

Choisir sa complexité et recentrer l’activité des enseignant-es et celle de leur formation

La complexité du travail d’enseignement en milieu scolaire est reconnue depuis plusieurs décennies dans la recherche. Elle apparaît pourtant plus que jamais déstabiliser des professionnels, qui sont nombreux à exprimer leur incompréhension, leur sentiment d’incompétence professionnelle, leur mal-être. Un bâtiment scolaire demeure pourtant un bâtiment scolaire, une classe reste malgré tout une classe, l’hétérogénéité des groupes d’élèves n’est pourtant plus une découverte, et les plans d’études ne relèvent pas d’une invention récente…. Dès lors, les points de repère de la culture professionnelle des enseignants et le sens de leur travail en classe semblent se dissiper sous l’effet d’autres strates de complexité, dont celle générée par un ensemble d’injonctions et de recommandations, déclarées « universelles » et « bienveillantes », bien que versatiles et déstabilisantes.  

En référence à différents travaux, nous examinerons tout d’abord la notion d’éducation inclusive et certaines expressions et injonctions alliées (p. ex., « besoins éducatifs particuliers » et leur diversité qui appelle « la collaboration entre professionnels »), en interrogeant ce qu’elle tait et ce qu’elle véhicule, en questionnant les effets qu’elle induit et sa pertinence à guider les pratiques d’enseignement au service des apprentissages des élèves. En nous appuyant sur nos travaux menés au regard d’une approche éducationnelle située et dans des contextes de scolarisation d’élèves déclarés à besoins éducatifs particuliers, nous présenterons certaines conditions nécessaires à la possibilité, en formation et en classe, de redonner de la valeur et du sens à la complexité du travail des enseignants.